Schmetterlingsgeschichte aus Dallas

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Hier meine allerliebste Schmetterlingsgeschichte aus Amerika. Sie drückt genau das aus, was einfach wahr ist: Sie sterben nicht, sie fliegen~~~ ♥

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Martha M., Dallas, NC

Ich traf meinen Ehemann beim örtlichen CVJM. Es war ein blind date, das von einer gemeinsamen Freundin arrangiert worden war. Sie versicherte mir „DAS ist der Eine für dich! Du wirst ihn treffen und dich ganz sicher in ihn verlieben!“ Ich hatte da so meine Zweifel, machte aber mit.

Meine Angst eskalierte, als sein 1,90 m-body die ganze Tür ausfüllte, als wir uns das erste mal trafen. Ich dachte „Er ist so riesig, dass ich Angst hätte, mit ihm in ein Auto zu steigen, um zu einem Date zu fahren…“ Ich hatte all die Horrorgeschichten über blind dates von meinen Freunden gehört.

Sein sanftes Auftreten und sein Lächeln beruhigten mich, und wir verabredeten uns für den nächsten Abend. Wir verstanden uns gut und trotz einiger Hindernisse und Meinungsverschiedenheiten, heirateten wir fast 12 Jahre später. Er wollte Polizist werden, und ich war mir nicht so sicher, ob ich mit einem Polizisten verheiratet sein wollte.

Unsere Liebe ging tiefer als die romantische Liebe, wir waren auch die besten Freunde. Wir kauften im Januar ein Haus und heirateten im Mai. Der Tag unserer Hochzeit dämmerte hell und klar, und ich sah das als Ausblick auf viele glückliche Jahre, die vor uns lagen.

Scott war immer begeistert von Schmetterlingen. Er sagte oft, was für ein Wunder sie waren. Wie zart und schön. Er hielt während auf unseren vielen Ausflügen in die Berge immer an, um die vorbeifliegenden Schmetterlinge zu bewundern.

Dann, ein Jahr und acht Monate nach unserer Hochzeit, musste er operiert werden. Er hatte einen Unfall mit dem Streifenwagen und daraus resultierend eine Handgelenksverletzung. Es waren mehrere Operationen mit dem Ziel, den Steg in seinem Handgelenk wiederherzustellen. Dies war die letzte Operation. Durch sie sollte das Handgelenk stabilisiert werden, um Folgeschäden für die Sehnen zu vermeiden. Es war ein freiwilliger, ambulanter Eingriff. Wir waren uns einig, dass ein Leben ohne den Schmerz die Bewegungseinschränkung des Handgelenks aufwog.
Sofort nach der Operation wurde er ins Krankenhaus eingewiesen. Die Verletzung war schlimmer als ursprünglich angenommen und sie mussten Knochen aus seiner Hüfte ins Handgelenk transplantieren.

Drei Tage nach der Operation kam ich ins Krankenhaus zurück, nachdem ich kurz zu Hause war, um ein bisschen zu schlafen und zu duschen. Er saß aufrecht im Bett und hatte eine gesunde Farbe im Gesicht, besser als in den Tagen zuvor. Ich war begeistert. Er würde bald nach Hause kommen, vielleicht schon am nächsten Tag.
Ich drehte mich um und sprach mit seinem Vater, der auch im Zimmer saß. Ich hörte einen gurgelnden Laut, drehte mich wieder um und sah, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Scott atmete nicht! Nach einer fürchtbaren Stunde, in der wir nicht wussten, was passiert war, kam der Arzt ins Zimmer. Er erläuterte gelassen, dass Scott eine schwere Embolie hatte, ein Blutgerinnsel. Er war tot, es gab nichts, was man noch hätte tun können. Ich erinnere mich daran, dass meine Welt schwarz wurde und meine Mutter zu jemandem „Fang sie auf“ sagte. Es dauerte einige Minuten bis ich merkte, dass sie mich meinte.

Meine Welt war tot. All unsere Träume, unsere Hoffnungen, und unsere gemeinsame Zukunft; alles war im Bruchteil einer Sekunde gestorben. Ich war wütend, ich hatte Angst, und ich war allein. Ich kam morgens nicht mehr aus dem Bett, konnte nicht mehr essen. Ich driftete in eine tiefe Depression.

Monate vergingen. Ich wurde langsam wieder ich. Ich saß auf der Terrasse hinter unserem Haus. Ich dachte darüber nach, was ich als nächstes tun wollte, und flehte Scott an, mir ein Zeichen zu schicken. Etwas einfaches, etwas, bei dem ich wissen würde, dass es von ihm kam, und dass es ihm gut ging.

Scott hatte immer “gewusst”, dass er nicht sehr lange leben würde. Er hatte mir das am Anfang unserer Beziehung schon gesagt und ich hatte es als Albernheit abgetan. Er bestand darauf, sagte „Ich werd meinen Vierzigsten nicht erleben, deshalb will ich JETZT losziehen und leben!” Das taten wir, das taten wir die ganze Zeit, machten viele Ausflüge in die Berge und zum Strand. Ich bin so froh, dass wir diese Zeit mit den Dingen verbrachten, die er tun wollte.

Und als ich da so auf der Terrasse saß, kam aus dem Nichts ein wunderschöner Schmetterling. Ich hielt die Luft an. War das mein Zeichen, dass es Scott gut ging? Ich sah ihm zu, wie er immer näher kam. Mir liefen die Tränen runter, und mein Herz war voller Freude, als er auf mir landete. Er lief an meinem Arm hoch bis auf die Schulter, blieb dort sitzen und schaute mich an. Ich hatte keinerlei Zweifel, dass das mein Scott war, der mir sagte “Mir geht`s gut, und dir wird es auch wieder gut gehen”…

Die Jahre vergingen, und mir geht es immer noch „gut“. Ich vermisse meinen Scott jeden Tag, an manchen schlimmer als an anderen, aber immer, wenn ich einen Schmetterling sehe, lächle ich. Er ist da, er wacht über mich und er lässt es mich wissen.

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Schmetterlingsgeschichte aus Australien

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Michelle C., Hervey Bay, Queensland, Australia

Meine Schwester starb bei einem Autounfall vor 15 Jahren. Cathy wollte, dass ihre Asche an ihrem Lieblings-Strand begraben würde. Wir gingen ungefähr zwei Stunden den Strand entlang, weil wir nicht wollten, dass die Urne irgendwann gefunden wird. Ein großer, grüner Schmetterling begleitete uns auf dem ganzen Weg den Strand hinauf. Meine ältere Schwester Patricia wurde bei dem Unfall auch verletzt und ging deshalb sehr langsam. Wir hatten unsere Gitarren mitgenommen, weil sie es liebte, am Strand zu sitzen und zu singen. Wir verbrachten den Tag am Strand und sangen „Imagine“ von John Lennon – ihren Lieblingssong. Der grüne Schmetterling blieb den ganzen Tag bei uns und landete den Tag über auf verschiedenen Leuten.

„Paul, der Schmetterling – Eine kleine Weihnachtsgeschichte“

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Dies ist die Neufassung der Schmetterlings-Weihnachtsgeschichte, die ich 2010 geschrieben hab.

Sie ist im Dezember im Weihnachtsbüchlein „Gedanken zur Weihnachtszeit“ der Facebook-Gruppe „Portal für Autoren, Leser, Blogger, Grafiker“ (siehe „Buchtipps“) veröffentlicht worden.

 

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Paul, der Schmetterling – Eine kleine Weihnachtsgeschichte

 

Ihr kennt Steffi nicht, aber wenn ihr sie kennen würdet, würdet ihr sie mögen. Sie ist fünf Jahre alt und ihre langen braunen Haare hüpfen immer ein bisschen, wenn sie lacht.

Doch vor gut einem Jahr passierte etwas Schlimmes. Ihr Bruder Paul, den sie über alles geliebt hatte, starb auf dem Gehweg vor ihrem Haus, weil dem Fahrer eines Lieferwagens seine Zigarette runtergefallen war. Er wollte sie aufheben, kam von der Straße ab und erfasste Paul, der gerade eine Katze streichelte. Die Katze überlebte, aber Paul war sofort tot. Er war zehn Jahre alt.

Am Abend holten Mama und Papa sie gemeinsam vom Kindergarten ab. „Hallo Mariposa“, sagte Papa, und Steffi wusste sofort, dass etwas Schlimmes passiert sein musste. Paul hatte sie immer Mariposa genannt. Das war spanisch und hieß Schmetterling. Er hatte immer gesagt, dass sie lachte, wie ein Schmetterling lachen würde, wenn er es könnte. Papa und Mama weinten. „Was ist denn?“, flüsterte sie traurig. „Paul ist gestorben“, sagte Mama. „Ein Auto hat ihn überfahren. Du musst jetzt ganz tapfer sein.“

Steffi umarmte ihren Vater und sagte: „Papa, er ist nicht tot. Er hat es mir gestern gesagt.“
„Oh meine arme kleine Maus“, sagte Mama, und wischte ihr die Tränen von den Wangen. „Dein Bruder ist wirklich nicht mehr da, aber in unseren Herzen wird er immer weiterleben.“

„Nein, Mama“, sagte Steffi, „es ist wahr. Er hat mir gestern Abend erzählt, dass er bald auf eine Reise gehen muss, weil er ein Engel ist und der liebe Gott ihn dringend braucht. Er hat gesagt, dass ich nie glauben soll, dass er tot ist, und er hat mir versprochen, dass er immer auf mich aufpassen und mich als Schmetterling besuchen wird, wenn ich ihn brauche. Seid nicht traurig.“ Doch Mama und Papa waren traurig. Sie redeten in den Tagen nach dem Unfall nur noch sehr wenig und weinten sehr viel, und wenn Steffi ihnen wieder erzählte, dass Paul gar nicht wirklich gestorben war, weinten sie nur noch mehr.

Steffi hörte also auf, über Paul zu reden. Und sie beschloss, für den Mann zu beten, der ihren Bruder überfahren hatte. Er war schon zweimal da gewesen und hatte vor ihrer Tür geweint, – ein Mann, der sicher schon älter als 50 war, aber Papa hatte nicht aufgemacht. Ihr tat er leid. Kurz vor Weihnachten lag sie in ihrem Bett, in dessen Kopfende ihr Bruder ein Jahr zuvor das Wort „Mariposa“ mit seinem Schnitzmesser reingeschnitzt hatte, und redete mit Paul. Sie flüsterte: „Hallo Paulchen Panther, bitte hilf mir. Unsere Eltern glauben nicht, dass du nicht tot bist. Bitte gib ihnen ein Zeichen.“

Am heiligen Abend standen sie alle im Schnee vor Pauls Grab und weinten. Mama, Papa, und die beiden Omas und Opas, die auch mitgekommen waren. Nur Steffi weinte nicht. Sie durfte Pauls Geschenke aufmachen. Im ersten Päckchen war ein kleiner Schutzengel, und aus dem zweiten kam ein wunderschönes Bild von Paul, auf dem er zwei der Nachbarskatzen umarmte. Dann machte Steffi das größte Geschenk auf: Es war ein Foto des schönsten Schmetterlings, den sie kannte: Ein blauer Morpho. Pauls Lieblingsschmetterling, von dem ein riesiges Poster in seinem Zimmer hing. Steffi lächelte und sagte: „Passt auf, gleich kommt Paul!“

Eine Sekunde später landete der Schmetterling von dem Foto auf Papas Schulter. Ihre Mama sah ihn, kniete sich in den Schnee und weinte und lachte gleichzeitig. Der Schmetterling flog zu ihr, setzte sich auf ihre Nase und streichelte ihr Gesicht mit seinen Flügeln. Dann flog er zu den Omas und Opas und setzte sich bei allen auf die Schulter, – und zum Schluss kam er zu Steffi. Auch bei ihr landete er auf der Nase. Sie spürte das zarte Streicheln seiner Flügel auf ihren Wangen und hörte die Stimme ihres Bruders leise sagen: „Frohe Weihnachten, Mariposa.“ Dann flog er einfach nach oben in den Himmel, bis sie ihn nicht mehr sehen konnten.

Am Abend, als alle am Esstisch saßen und der Duft von Brathähnchen und Lebkuchen in der Luft lag, klingelte es an der Haustür. Steffis Papa schaute durch den Türspion, wartete ein paar Sekunden, und machte dann die Tür auf. Es war der Fahrer. Er weinte und hatte ein Geschenk in der Hand. Ihr Papa umarmte ihn und sagte: „Es ist das Fest des Friedens. Kommen sie rein und seien sie unser Gast.“

Als der Mann zitternd seine Jacke auszog und ihre Mama sie ihm abnahm, musste Steffi auch weinen. Es waren gute Tränen.

Der Mann setzte sich neben ihrem Papa an den Tisch, und plötzlich hörte sie ihren Bruder lachen. Sein unvergleichliches, glockenhelles Lachen schien von oben zu kommen. Die anderen mussten es auch gehört haben, denn sie schauten alle zur Zimmerdecke und lächelten.

Ihr Papa sagte: „Paul ist da. Lasst uns essen. Frohe Weihnachten, alle miteinander!“

 

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